Kirchen entdecken mit dem Smartphone
Mit der Kirchen-App der EKD wollen Kirchengemeinden mehr Besucher in ihre Gotteshäuser bekommen. Eine erste Testversion ging 2013 an den Start. Inzwischen haben die Kirchengemeinden Erfahrungen gesammelt. Erfüllt die Kirchen-App die Erwartungen?
Kirchen sind bei Touristen beliebt. Mehr und mehr Gemeinden öffnen ihre Gebäude auch jenseits des Sonntagsgottesdienstes für Gäste. Gleichzeitig wird die Nutzung des Smartphones für Reisende immer selbstverständlicher. Diesen Umstand macht sich die Kirchen-App der EKD zunutze, um beliebten Kirchen neue Besucherkreise zu erschließen und so manche Perle, die noch unentdeckt am Wegesrand liegt, bekannter zu machen.
Die Testversion der App startete im November 2013 mit zehn Pilotkirchen. „Wir haben uns zunächst auf touristisch besonders interessante Orte konzentriert“, sagt Pastor Christoph Römhild, der im Kirchenamt der EKD für das Projekt zuständig ist. Inzwischen umfasst die Liste rund 5400 Kirchen, von der Nordsee bis zum Südschwarzwald – etwa ein Viertel aller evangelischen Gotteshäuser, so schätzt Römhild. „Unser Ziel ist es, nach und nach alle zu erfassen.“
Viele Kirchengemeinden an App beteiligt
Dabei ist der App-Auftritt der einzelnen Gemeinden sehr unterschiedlich. Die Standorte der Kirchen sind auf einer Landkarte markiert. Klickt man auf einen der farbigen Wimpel, so erscheinen Adresse, Öffnungszeiten, Kontaktdaten sowie einige grundlegende Informationen zur Kirche. Dieses sogenannte Datenblatt ist die schlichteste Form der Präsenz. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Fotos und Videos einzuhängen sowie eigene Audioguides zu produzieren. Das haben bisher lediglich etwa 60 Gemeinden gemacht.
„Das Ganze ist natürlich ein Beteiligungsprojekt“, betont Römhild. Schnittstellen sind die Landeskirchen. Sie stellen die Basisdaten der Kirchen – häufig kommen sie aus den inzwischen gut verbreiteten überregionalen Veranstaltungskalendern – sollen das Projekt bewerben und bieten den Gemeinden Ansprechpartner. Alle Landeskirchen mit Ausnahme der Nordkirche und Hessen-Nassau hätten auch bereits Daten geliefert, berichtet Römhild.
Auszeichnung für die Kirchen-App
Bei der Produktion eines Audioguides stehen den Gemeinden sogenannte Service-Points –evangelische Medienhäuser, Agenturen und Verlage – zur Seite. Sie werden bei der Festlegung von Führungs-Stationen beraten, die dann auf einem Grund-oder Aufriss des Kirchengebäudes erscheinen und vom Nutzer angeklickt werden können. Texte und Fotos können die Gemeinden selbst liefern oder vom Dienstleister herstellen lassen. Die Kosten für einen solchen Audioguide bewegen sich nach Römhilds Angaben zwischen 170 und 600 Euro – je nachdem, ob bereits vorhandenes Material verwendet werden kann oder wie sehr die Dienste der Service-Points in Anspruch genommen werden. Auch inhaltlich ist der Bogen weit gespannt: „Neben kunsthistorischen soll es auch spirituelle Impulse geben“, so Römhild.
Im Herbst 2015 erhielt die Kirchen-App der EKD einen Preis im Wettbewerb „Ausgezeichnete Orte im Land der Ideen“. Die App sei ein Beispiel dafür, dass „mit den digitalen Möglichkeiten auch traditionellere Themen vom Wandel profitieren können“, hieß es bei der Preisverleihung am Rande der EKD-Synodentagung in Bremen. „Die Kirchen-App ist genau das, was wir brauchen“, sagt Andreas Lange, Superintendent in Lippe und Pfarrer an der Nicolaikirche Lemgo. „Wir haben viele Tagestouristen, und die können die App gut nutzen.“ Um die Ladezeiten kurz zu halten – nach Langes Erfahrung ist das noch ein Schwachpunkt der Anwendung – hat die Gemeinde ihre Kirche sogar mit WLAN ausgerüstet.
Kirchen sammeln erste Erfahrungen mit der App
Seit einem halben Jahr ist die Marktkirche Hannover in der App vertreten. Wie das Angebot bisher ankommt, kann Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann noch nicht sagen. „Die Leute hinterlassen kein Feedback.“ Näheren Aufschluss erhofft sie sich vom Ergebnis einer Umfrage, die das sozialwissenschaftliche Institut derzeit im Auftrag der Citykirchen durchführt.
„Wir tasten noch im Dunkeln“, sagt auch Pfarrer Roland Klaus. Seine Petruskirche auf der Höri, am Westende des Bodensees, ist bekannt für ihre vom Künstler Otto Dix gestalteten Fenster. Seit das Gebäude vor einem Jahr in die App aufgenommen wurde, beobachtet Klaus einen Rückgang bei den Kirchenführungen. „Da könnte es einen Zusammenhang geben, aber ich kann nur mutmaßen.“
Audioguide für "Geheimtipp-Kirche"
Die Arbeit am Audioguide hat Klaus in guter Erinnerung. „Wir haben viel Erfahrung mit Kirchenführungen. Die konnten wir einbringen und etwas ganz Eigenes machen.“ Ähnliches berichtet auch sein Kollege Bernd Walter. Seine Schlosskirche Mahlberg, südlich von Offenburg am Kaiserstuhl gelegen, zählt er selbst zu den „bekannteren Geheimtipp-Kirchen“. Das Gebäude mit achteckigem Grundriss hat eine lange Geschichte, eine reichhaltige Rokoko-Ausstattung und wird im Jahr von rund 1000 Touristen besucht.
Die App, an der die Gemeinde seit rund einem Jahr beteiligt ist, bewertet er als „sehr gutes Angebot mit vielen Möglichkeiten“. Etwa bei Gruppenführungen. Die Texte zu den einzelnen Stationen, die gesprochen werden, aber auch abgelesen werden können, dienten den ehrenamtlichen Kirchenführern als Leitfaden.
Jörg Echtler